Kennen Sie die folgende Situation? Sie haben zu Hause einen Pflegefall, um den Sie sich voller Hingabe kümmern. Sie sind der Meinung dieser Mensch hat auch ein Recht auf Lebensqualität. Ein Pflegeheim kommt keinesfalls in Frage. Somit tun Sie alles, was in Ihren Mächten steht, um der pflegenden Person eine schöne und möglichst angenehme Zeiten zu ermöglichen.
Es gibt aber auch Tage, wo Sie erschöpft sind, irgendwie sind Sie immer müde, lustlos, Sie nehmen alles gleich persönlich, sind eher gereizt – das ist ein wichtiges Signal, sich eine kleine Auszeit zu nehmen! Aufzuatmen! Energie für sich und somit auch für die Pflegeperson zu tanken. Wie schön wäre es, mal wieder richtig auszuschlafen, ungestört shoppen zu gehen, mit Freunden und Bekannten ohne auf die Uhr zu sehen, zu plaudern – im gleichen Gedankengang macht sich im Inneren Ihre Gehirns eine Stimme breit, die Ihnen signalisiert. Das kannst Du doch nicht machen! Die Pflegeperson braucht Dich! Schau, Dir geht es gut – sie kann nicht machen, was sie will und schon hat man ein schlechtes Gewissen.
Eine intensive Pflege verlangt vieles von einem ab. Dabei ist nicht nur die physische Komponente zu beachten, sondern auch die psychische. Je nach Intensivität der Pflege, Charakter des Pflegenden uvm. hat das auch Auswirkungen auf den Menschen, der die Pflege – wenn auch mit Liebe – übernimmt.
Engagierte pflegende Angehörige haben mit unterschiedlichen Gefühlsschwankungen, die eine solche Aufgabe mit sich bringt, zu kämpfen. In bestimmten Fällen reagieren sie scheinbar irrational! Das ist alles normal. Achten Sie nur darauf, dass keine tiefen Schuldgefühle entstehen. Vor allem dann, wenn Sie auch etwas für sich tun! Das soll keinesfalls sein.
Auch Sie sind ein Mensch mit Gefühlen und das ist gut so!
Akzeptieren Sie Ihre Gefühle! Sie brauchen keinesfalls perfekt sein und immer die heile Welt vorspielen! Professionelles Pflegepersonal muss nicht umsonst bestimmte Schulungen machen. Also! Lassen Sie sich Tipps geben, welche Handgriffe hilfreich sind, die Ihnen die Pflege erleichtert. Worauf müssen Sie achten? Welche medizinischen Behandlungsweisen sind sinnvoll! Falls Sie merken, Sie schaffen es alleine nicht, nehmen Sie Hilfe an! Geht die häusliche Pflege alleine gar nicht mehr, gestehen Sie sich das ein und suchen Sie nach umsetzbaren Alternativen. Diesbezüglich gibt es heute genügend Möglichkeiten. Reden Sie sich in dieser Situation keinesfalls ein, dass Sie deshalb ein schlechter Mensch sind! Sie geben die Verantwortung keineswegs ab. Sie können trotzdem mit dem Pflegenden so viel Zeit verbringen, wie Sie möchten – keiner hindert Sie daran. Jeglicher Anflug von schlechtem Gewissen oder geistiger Geißelung ist zu vermeiden. Damit ist niemanden geholfen!
Schaffen und erlauben Sie sich Freiräume
Jedes Geschöpf benötigt die notwendige Energie, um seine Aufgaben zu meistern. Das heißt: Ohne entsprechende Erholung geht jeder Mensch zu Grunde! Schaffen Sie von Anfang an Freiräume – sie müssen nicht groß sein, doch so, dass Sie sich wieder aufladen können. Auch hier heißt das oberste Prinzip: Kein schlechtes Gewissen! Eine chronische Überforderung – und die kommt sicher, wenn man nicht auch auf sich schaut – hat oft wirklich vermeidbar negative Folgen.
Lassen Sie sich nicht hetzen!
Es gibt immer wieder Tage, an denen einiges schief läuft. Wie kann das nur passieren, obwohl man alles so gut geplant hat. Irgendwie verläuft der Tag nicht so, wie man es sich vorgestellt hat. Die Medikamente sind bei der Apotheke nicht verfügbar, der Arztbesuch dauert einfach viel zu lange, der Pflegbedürftige ist auch schlecht drauf und hat überall etwas auszusetzen, das Essen brennt an uvm. Irgendwann ist der Zeitpunkt erreicht, da könnte man aus der Haut fahren. Man hat das Gefühl, man steht alleine im Regen! Man schafft es nicht mehr! Keine Kraft! Bevor Sie überreagieren – sagen Sie laut zu sich STOPP! Gönnen Sie sich ein paar Minuten frische Luft, atmen Sie mehrmals tief ein und aus! Versuchen Sie so langsam wieder zur Ruhe zu kommen! Sagen Sie sich, okay – jetzt weiß ich, dass ich wieder ein Mensch bin und nicht wie eine Maschine funktioniere und das ist gut so!
Lachen ist die beste Medizin!
Es gibt immer wieder angespannte Situationen, kritische Momente wo man einfach lachen muss. Lassen Sie das zu! Unterdrücken Sie diese Gefühle nicht. Es tut Ihnen gut. Falls Sie den Pflegebedürftigen damit verwirren, begründen Sie Ihre Lachattacke! Das ist besonders wichtig, damit sich der Pflegebedürftige nicht persönlich gekränkt fühlt, nicht etwas falsche interpretiert, dass entschärft die Situation. Am besten ist, Sie lachen gemeinsam miteinander weiter.
Trauer und andere Gefühle
Wenn in der Familie Angehörige zum Pflegefall werden oder sogar aufgrund der Schwere der Krankheit nicht mehr viel Zeit über bleibt, versteht man oft die Welt nicht mehr. Die Frage WARUM führt zu keiner befriedigenden Antwort. Einerseits macht sich Zorn andererseits tiefe Trauer breit. Man hat oft große Schwierigkeit, die aktuelle Ist-Situation zu akzeptieren. Man fängt an, zu hadern, stellt alles in Frage! Irgendwann kommt der Zeitpunkt, wo man einfach weinen muss. Das ist ganz normal. Lassen Sie auch alle Fälle diese Gefühlsregung zu, weinen Sie sich aus – Keinesfalls sollten Sie diese Gefühle unterdrücken. Sie helfen beim Umgang mit der schweren Lage, Emotionen können besser verarbeitet werden. Weinen erleichtert und beruhigt in dem meisten Fällen. Es ist eine menschliche und natürliche Reaktion, mit bestimmten Situationen umzugehen.
Bestimmte Wissenschaftler gehen davon aus, dass das Weinen auch einen körperlichen Hintergrund haben. Sie vertreten die Meinung, dass Tränen einen bestimmten Stoff beinhalten, eine Art körpereigenes Beruhigungsmittel. Mit den Tränen scheidet der Mensch angeblich Schadstoffe aus, die sich durch seelische Belastungen sowie durch Stress ansammeln. Weinen ist keineswegs ein Zeichen der Schwäche, sondern eine emotionale Reaktion eines Menschen.
Druck durch Pflegebedürftige
Je nach Krankheit und Charakter können Pflegebedürftige ganz schön anstrengend sein. Das ist nicht negativ gemeint. Es gibt Tage, das passt einfach nichts! Das Essen ist zu heißt, das Bett ist unbequem, ….. also ein richtiges Gejammere. Man hat irgendwie das Gefühl, egal was man tut, der Pflegebedürftige ist einfach nicht zufrieden zu stellen. Stoppen Sie negative Gedanken und zeigen Sie Grenzen auf! Verdeutlichen Sie sich selbst und auch dem Pflegebedürftigen, dass Sie Ihre Sache gut machen! Vielen Pflegebedürftigen ist oft gar nicht mehr bewusst, dass er nicht immer im Mittelpunkt stehen kann, sondern die pflegende Person ist auch ein Mensch.